Die Förderschule und ich

Weil dieses Thema auf Twitter wieder und wieder auftaucht und ich jedes Mal in einzelnen Threads meine Erfahrungen schildern muss, möchte ich euch heute mal eine kleine Geschichte erzählen: Die Geschichte von mir und meiner ehemaligen Förderschule. Ich nehme euch mit und zeige euch, wie es dort ablief und erläutere meine Eindrücke und Erfahrungen.

Es gab verschiedene Bereiche: Man konnte die Schule, wenn man vor dem Schulgebäude stand, faktisch in ca 3-4 Bereiche einteilen:

Da gab es den rechten Flügel des Gebäudes, wo sich die sogenannte “Mittelstufe” befand. Dort war der Teil von der 5-7 Klasse untergebracht, der zumindest auf einen “normalen” Abschluss hoffen durfte und dem ganz eventuell vielleicht auch ein Leben ohne WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen) möglich gemacht wurde.

Dort wurde normaler Schulstoff unterrichtet, wobei normal auch hier jetzt wieder relativ ist. Es kam nicht selten vor, dass man in der 6. Klasse zum Beispiel das x-te Mal das 1*1 durchnahm. Was dann dazu führte, dass sich einige langweilten, die es eben schon konnten. Förderung jedes Einzelnen? Das, womit doch die Leute, die Pro Förderschule sind am häufigsten argumentieren? Fehlanzeige. Von individueller Förderung jetzt mal gänzlich abgesehen. Der Lernprozess derer, die etwas länger brauchten um das Thema zu verstehen, wurde als Maßstab genommen. Somit langweilte ich mich wirklich häufig und mit mir auch noch 3-4 andere (von 15)

Teilweise wurde das sehr problematisch, da es dann auf lange Sicht dazu kam, dass wichtiger Stoff für die Abschlussprüfungen schlicht noch nicht drangekommen war und die Wissenslücke, die es zu füllen galt, immer größer und größer wurde. Dies erklärt dann auch die hohe Quote der Schüler und Schülerinnen, die dort ohne Abschluss gehen.

Und ja, ihr lest richtig. Es gab verschiedene Bereiche. Separation in der Separation sozusagen.

Gehen wir mal weiter in die Mitte der Schule. Dort befand sich das Lehrerzimmer, sowie das Sekretariat. Es war also mehr oder weniger das organisatorische Herz der Schule dessen Zentralität dafür sorgte, dass jeder alle wichtigen Stellen erreichen konnte.

Etwas weiter links der Mitte (aber noch nicht im “linken” Bereich) war die Grundstufe. Man kann sich diesen kleinen Teil als Grundschule vorstellen, nur war man dort von der 2 bis zur 4. Klasse. In der Grundstufe war es nicht üblich, Arbeiten in Fächern zu schreiben oder sonst irgendwie Leistungsüberprüfungen durchzuführen. Das sorgte dafür, dass ich in der 5. Klasse in das Konzept “Arbeiten schreiben/Referate halten” quasi hineingeworfen wurde, statt langsam herangeführt.

Das Konzept war relativ locker. Jeder Schüler bekam einen Wochenplan, der abzuarbeiten war, was aber meistens relativ schnell ging (meiner Erfahrung nach)

So weit so gut… kommen wir jetzt zum linken Flügel. Hier ist die Vorschule angesiedelt. Zu dieser kann ich nicht viel sagen, da ich dort selbst nicht war und auch keine entsprechenden Kontakte hatte.
Dort war auch mal der Bereich für sogenannte “praktisch Bildbare” das ist sozusagen eine schöne Umschreibung für “die, die zu behindert sind, um normal Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen”

Dieser Bereich wurde allerdings, da die Schule immer größer wurde, in einen neuen Gebäudekomplex verlegt, der Gebaut wurde und sich am anderen Ende des Schulhofs befand. Zum Verständnis: Der Schulhof erstreckte sich über den Platz vor dem Hauptgebäude und führt weiter nach links zu einem kleinen Spielplatz. Und noch weiter links befand sich ein weiterer großer Platz, vor dem dann das neue Gebäude stand. Sie waren also teilweise abgeschnitten vom Rest.

Was die “praktisch Bildbaren” gelernt haben? Brote schmieren, kochen, backen, eine Spülmaschine ausräumen und an der Werkbank kleinere Dinge aus Holz machen, die dann mit nach Hause genommen oder auf dem Weihnachtsmarkt der Schule verkauft werden konnten.
Mit anderen Worten: Vorbereitung für die Zukunft in der WfbM. Das soll Inklusion sein? Die, die zu behindert sind, auf das Abstellgleis WfbM abzustellen und sie mit einem Hungerlohn abzuspeisen?

Das war sie. Meine kleine Führung durch meine ehemalige Schule. Ich hoffe ihr habt einiges gelernt oder mitgenommen aus diesem Beitrag und versteht jetzt etwas besser, warum Förderschulen eben nicht Inklusion, sondern das komplette Gegenteil sind. Bei Fragen könnt ihr einfach die Kommentarfunktion benutzen, ich beantworte sie gerne soweit ich kann.

Kompensation: Ein zweischneidiges Schwert

Wenn ich bloß nicht auffallen will oder soll, kompensiere ich. Je nach Tagesform sogar sehr viel. Man darf mir mein Anderssein nun mal manchmal nicht ansehen. Meinen für andere seltsamen Gang, mein nervöses herumspielen mit meinen Fingern, usw.
Kompensation wurde schon früh vonn mir gefordert, eigentlich kompensierte ich 90% meiner Kindheit bzw auch als ich mit 15, 16, 17 als jugendlich galt. Ich musste die laute Klasse über 6-8 Schulstunden ertragen, die ekligen neon Lampen, die mich jedes mal blendeten und natürlich sollte ich auch noch ausreichend sozial sein, mich mit anderen unterhalten und währenddessen eben bloß nicht “komisch2 sein. Bloß nicht auffallen.

Auch auf der Heimfahrt war ich am Kompensieren. Die lauten Mitreisenden, das stressige wirrwarr des vollen Zuges und des danach vollen Gleises. Auch hier: Bloß nicht auffallen. Das funktionierte auch eine ganze Weile ganz gut.

Jetzt, wo ich in meiner Heimat bin, meinen Schulabschluss mit biegen und brechen (ich war das letzte halbe Schuljahr tatsächlich durchgehend krankgeschrieben) irgendwie geschafft habe und zur Ruhe komme, merke ich jedoch, wie sich die jahrelange Kompensation rächt.

Ich habe Jahre über meinen Kräfteverhältnissen leben und arbeiten müssen. Überkompensieren müssen eben. So kommt es jetzt mitunter häufiger vor, dass ich nach einer Stunde aktiver Arbeit bereits wieder erschöpft ins Bett falle. Oder nach einem Termin, für den ich vielleicht insgesamt etwa 3 Stunden unterwegs war, erstmal wieder ins Bett Kraft tanken muss, bevor überhaupt wieder irgendetwas geht.

Was ich mit diesem Geschreibsel hier sagen will ist: Natürlich ist Kompensation ein manchmal gutes und notwendiges Mittel um nicht aufzufallen. Um in der Masse unterzugehen. Aber es ist ein sehr zweischneidiges Schwert. Denn: Wer zu viel kompensiert oder kompensieren muss, weil Schule und Umfeld das fordern, wird (wie ich) mit daraus resultierenden (Langzeit) Folgen zu kämpfen haben.
Ich schreibe dies, weil ich davor warnen und darüber aufklären möchte.

Ich möchte, dass sich Schulen oder auch spätere Ausbildungs und Arbeitsstätten bewusst machen, dass das, was sie von vielen AutistInnen fordern, für sie je nach Zeitraum massive einschränkende Folgen haben kann und sie eben nachweislich schädigen kann.

Es soll eben einfach weniger Menschen geben, die so dermaßen überkompensieren müssen, wie ich es musste und die jetzt vor dem Scherbenhaufen stehen und diesen aufsammeln dürfen (RW)

Das Ding mit dem Eustress

Nach langer (extrem langer) Schreibpause, weil sowohl Kraftreserven, als auch das nötige Equipment lange Zeit fehlten, melde ich mich jetzt mal zurück mit einem Thema, das mich sehr beschäftigt und es gerade in letzter Zeit wieder vermehrt tut.

Dass Stress bei uns Autisten zu Overloads und Melt/Shutdowns führen kann, ist ja (hoffentlich) bereits bekannt. Was jedoch weniger bekannt ist, ist die Tatsache: Ach Eustress ist Stress! Zur Erklärung für diejenigen, die vielleicht nicht wissen, was Eustress überhaupt ist: Eustress ist Stress der durch positives ausgelöst wird (z.B Geburtstag, Geschenke, ein neues Buch/Videospiel/etc, ein lang ersehnter Ausflug)

Es ist auch und gerade wichtig, sich damit zu beschäftigen, dass gerade Eustress sehr, sehr gerne mal zu Overloads führt (zumindest bei mir). Um euch mal zu verdeutlichen, was das konkret heißt, nenne ich euch mal ein Beispiel, bei dem mir das persönlich letztens besonders deutlich wurde:

Ich kam durch Glück und Zufall an ein neues Notebook mit guter Rechen und RAM Leistung. Da das bei mir alle Jubeljahre (RW) einmal vorkommt, war ich entsprechend aufgeregt. Es sollte Samstag geliefert werden Ich saß dann also zuerst Samstag morgens in meiner Wohnung, in welcher es mucksmäuschenstill war. Ich saß und saß und saß wie auf heißen Kohlen (RW) dort, bis ich plötzlich die Meldung bekam 2Der DHL Bote hat es nicht mehr geschafft”

Ihr könnt euch vermutlich vorstellen, dass das neben der Enttäuschung und Wut einen gewaltigen Overload bedeutet hat. Warum? Weil die ganze Vorfreude auf einmal auf mich herabstürzte (RW) und ichvon den Gefühlen (Wut/Enttäuschung/der zuvor angesammelte Eustress) übermannt wurde.

Weiter im Text… Nun hatte ich ja glücklicherweise ein Wochende dazwischen, in dem sich der Overload wieder reguliert hatte. Montag wiederholte sich das Spielchen des “auf den Paketboten Wartens”. Wieder war ich Montag morgens auf Abruf. Wieder hibbelte ich hin und her, stand sogar einen Großteil der Zeit an meinem großen Fenster, nur um zu sehen, wann denn jetzt der Paketbote um die Ecke bog.

Das Paket wurde dann auch endlich geliefert. Um 14 Uhr. Ich arbeitete dann ein bisschen an dem Rechner, installierte wichtige Programme und wartete danach darauf, dass mein Freund, der gerade sowieso in der Ecke unterwegs war, mich abholte.

In dem dunklen Auto (es war nach 17:30 somit war es schon recht dunkel) passierte es dann, dass sich ein leise, unbemerkter Meltdown anschlich. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich kaum bis gar keine Umgebungsreize in meiner Wohnung hatte. Es war rein der Eustress und das Erlebnis “neuer Rechner” und die Aufregung die zu dem Meltdown führten.

Ich war also auch die nächsten Tage entsprechend kraftlos, von dem Tag (Montag Abend) selbst mal ganz zu schweigen, der war nach dem Meltdown gelaufen (RW).

Versucht also bitte daran zu denken, dass auch innere (positive) Gefühlsregungen, Ereignisse, Aufregungen bei uns zu entsprechenden Overloads führen können. Es hat nicht unbedingt immer nur etwas mit dem Außen zu tun, sondern oft genug auch damit, wie es in uns drinnen aussieht.

Barrierefrei? Sind wir doch!

Stellt euch einmal ein Haus vor: Das Haus ist durch eine Rampe begehbar, beherbergt einen Fahrstuhl und hat für Blinde entsprechende Brailleschrift zur Auskunft und eine Ansage, die vorlesen kann, was wo wie zu erreichen ist.
Doch gleichzeitig hallt es in vielen Räumen furchtbar, es ist oft sehr voll und laut und es fehlt ein Raum, der als Rückzugsort dienen kann.

Schön und gut, aber was will ich eigentlich damit sagen? Bei dem mehr oder weniger besten Bestreben, die Barrieren zu minimieren bzw. sie gänzlich abzuschaffen wird oft, auch im Zuge der Inklusion ein wichtiger Teil übersehen: Die nicht sichtbaren Barrieren und Mauern.

Mein Autismus ist nicht sichtbar. Auch die Anstrengungen und Kraft, die es mich kostet, eine für Nichtautisten vollkommen normale Bahn- oder Busfahrt zu überstehen sind es nicht. Ebenso wenig die Überforderung, die in einer lauten, hellen, schrillen Schulklasse oder einem entsprechend lauten Arbeitsplatz auf mich wartet.

Übersehen werden häufig und nur allzu gerne die für den “normalen” Menschen nicht sichtbaren Barrieren, die aber leider mit einer der am häufigsten anzutreffenden sind. Für einen Mutisten ist es meist eine unüberwindbare Barriere, sich Infomaterial, wie beispielsweise Broschüren, an einem Empfang erfragen zu müssen, anstatt dass er sie sich einfach nehmen kann und sie ausliegen oder in einem Ständer stehen oder, oder, oder.

Diese Barriere ist aber von außen nicht sichtbar und so wird bei barrierefreier Einrichtung oft nicht genug auf eben solche unsichtbaren Mauern Rücksicht genommen.

Steht ein Rollstuhlfahrer vor einer Treppe, würde sicherlich niemand von ihm verlangen, aufzustehen und zu laufen. (Ich hoffe zumindest nicht, dass jemand auf eine derart absurde, behindertenfeindliche Idee käme)

Aber setzen wir in diese Metapher einmal den Autisten, der am Bahnhof im Shutdown ist, weil er, trotz dessen dass er mehrfach gesagt hat, ihm ist das zu viel, dazu gedrängt wurde, zum Beispiel nach der Schule noch für die Mutter einkaufen zu gehen oder auf der Arbeit nochmal länger zu bleiben, weil etwas noch nicht ganz fertig ist, obwohl er schon so lange arbeitet, dass er täglich hart an der Grenze dessen ist, was er leisten kann. Oder den Autisten, dem die Bahnfahrt oder die Busfahrt an sich zu viel ist, weil etwa morgens das Licht im Zug zu hell ist, die anderen Menschen zu laut sind, es einfach zu voll ist.

Oder den Mutisten, der (wie oben geschrieben) eigentlich Infomaterial z.B. vom Arbeitsamt bräuchte, aber am Ende einfach wieder rausgeht, weil er für die Infomaterialien mit der Frau am Schalter sprechen müsste

Wie oft werden wir Autisten also vor diese metaphorische Treppe gestellt und wie oft wird von uns verlangt, doch einfach zu laufen? Einfach zu funktionieren? Diese unsichtbaren Barrieren und das oftmals damit verbundene Unverständnis darüber, wieso wir gewisse Dinge, die für euch anderen vielleicht Alltag sind, einfach manchmal nicht mehr leisten können, weil wir schon an unsere Grenzen und ganz oft auch noch weit darüber gehen, das ist es, was uns so zu schaffen macht.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag einigen von euch einmal einen Denkanstoß geben konnte und euch gut verbildlichen konnte, wie es für uns ist, wenn diese Barrieren, wie so oft, einfach übersehen werden.

Sei doch mal spontan!

Welcher Autist hat diesen Satz noch nicht gehört? “Sei doch mal Spontan!” Oder: “Du musst auch mal flexibel sein!” Aus aktuellem Anlass möchte ich dazu einmal schreiben.
Wer kennt es nicht? Jemand kommt und wirft den mit Mühe zusammengestellten, genauen Tagesplan durcheinander. Für NTs mag das kein großes Problem darstellen, denn sie können schnell reagieren und entsprechend die Tagesplanung anpassen, die meisten zumindest.

Viele erwarten gleichermaßen von uns AutistInnen spontan zu sein und hier möchte ich einmal erklären, warum das eben nicht einfach geht und wieso es für uns so schwierig ist.
Wie sicher viele meiner Leser wissen, haben wir keinen Reizfilter bzw. er funktioniert bei uns anders. Anders als Nichtautisten müssen wir mühevoll bewusst aussortieren, was gerade an Reizen ignoriert werden kann, weil es nicht wichtig ist und was unsere Aufmerksamkeit braucht. Das machen NTs automatisch. Aufgrund dieser Einschränkung kommt es bei uns zu Reizüberflutungen, die wiederrum einen Melt oder Shutdown hervorrufen.
Um uns selbst davor zu schützen, weil es auch für uns nicht wirklich angenehm ist, in aller Öffentlichkeit einen Meltdown zu bekommen, planen wir unseren Tag genau durch. Das gibt uns Sicherheit und ist somit unser Selbstschutz gegen eben Meltdowns und Reizüberflutungen.
Jedes mal, wenn jemand von uns verlangt “spontan” zu sein oder anderweitig in unsere Planung eingreift, zerstört derjenige damit unseren Selbstschutz und sorgt dafür, dass wir schnell überfordert darauf reagieren. Man nimmt uns damit einen großen Teil unserer Sicherheit, die unabdingbar ist, um unseren Alltag irgendwie überstehen zu können.
Leider reagieren nicht alle immer rücksichtsvoll darauf, wenn man ihnen erklärt, warum Spontanität eben nicht oder nur sehr eingeschränkt (je nach Tagesform) möglich ist, aber bedenkt, wenn ihr das nächste mal von einem Autisten oder einer Autistin verlangt spontan zu sein, dass dieser Selbstschutz auch euch dient!

Schließlich ist es für niemanden im unmittelbaren Umfeld angenehm, wenn man als Autist plötzlich einen Melt oder Shutdown hat und das im (Achtung Ironie) besten Fall noch als Wutanfall eingeordnet wird, anstatt als eine Reaktion auf massive Überforderung. Jeder Einzelne, der das hier liest, kann dafür sorgen, dass so etwas weniger passiert, indem er darauf Rücksicht nimmt, dass wir diesen Selbstschutz und diese Sicherheit brauchen und kann aufklären, damit so etwas endlich nicht mehr als Wutanfall angesehen und entsprechend reagiert wird! Das kann dem Autisten, gerade wenn er noch im Kindesalter und damit auf das Verständnis seines unmittelbaren Umfelds angewiesen ist, massiv schaden!

Das wundervolle deutsche “Hilfe”system

Immer mal wieder ist das deutsche “Hilfe”system Thema und jetzt will auch ich mal meinen Senf dazu geben.
Ich bin, wie ja bereits bekannt ist, Autistin. Meine Autismustherapie, die ich bis vor kurzem noch hatte, wurde mir im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt entrissen. Doch anstatt die Not anzuerkennen schicken einen die zuständigen Behörden in eine Antragswüste und sorgen so für noch mehr Stress, mit ihren gefühlten 100 Stellungnahmen, die sie fordern und ihrem Antrag, der im üblichen Amtsdeutsch verfasst ist.

Dazu kommt für Leute, die gerade neu in dieses Antragstheater rutschen, dass sie erstmal herausfinden müssen, wer zuständig ist. Das kann je nachdem das Sozialamt, die Krankenkasse oder vielleicht auch das Arbeitsamt sein.
Hat man das zuständige Amt erstmal gefunden, darf man sich auf dasselbe Zuständigkeitspingpong bei den Sachbearbeitern einstellen. Bis man dann irgendwann an den Richtigen geraten ist, wird man mit gefühlt 1000 Personen verbunden.

Das hat mir erneut gezeigt, dass das deutsche HIlfesystem das “Hilfe” im Namen nicht verdient. Anstatt die Not der Menschen, die sich teilweise schon mehr als verzweifelt auf die Suche nach Hilfe begeben, anzuerkennen, werden sie von Anträgen und Forderungen erschlagen und es wird ihnen noch mehr Stress aufgebrummt.
Dieser in dem Zusammenhang wirklich vollkommen idiotische Wust an Bürokratie, raubt so unglaublich vielen Menschen die letzte Kraft.
Von vielen kommt, wenn man ihnen sein Leid klagt, der gut gemeinte Rat: “Hol dir Hilfe.” Aber das ist einfach gesagt.

Wer sich Hilfe holen will, der muss den Behörden zunächst mal beweisen, dass er sie nicht grundlos damit “belästigt. Als wäre der Schritt, sich Hilfe zu holen, für viele nicht schon genug Überwindung.

Um allen hier mal zu verdeutlichen, was “sich Hilfe holen” hier in Deutschland heißt:

1. Anträge stellen
2. Die zumeist undeutlich formulierten Anträge ausfüllen
3. Vermutlich Gutachten erstellen lassen
4. Für Schritt 3 überhaupt erstmal einen Psychologen/Psychiater finden
5. Diesem dann die Gesamte Situation erklären
6. Hoffen, dass der Psychologe/Psychiater die Stellungnahme gut schreibt
7. Das Gesamtpaket bei den zuständigen Behören einreichen
8. Wochenlanges Bangen, ob der Antrag bewilligt wird
9. Wenn nicht Widerspruch einlegen

Im Idealfall hat man das Prozedere nach ein paar Wochen durch, im schlimmsten Fall kann es aber auch bis zu 1 1/2 Jahre dauern, bis die erhoffte Hilfe endlich losgeht.

Wenn man sich das mal ansieht, wundert es niemanden, wieso viele sich das alles nicht zutrauen. Wer um Hilfe ringt, ist meistens schon so gut wie am Ende seiner Kräfte. Das Deutsche “Hilfe”System fordert teils unmögliche Dinge von Hilfebedürftigen. Ich gehe mittlerweile sogar so weit, mich zu fragen, bei wie vielen Suiziden dieses “Hilfe”System mitverantwortlich ist.

Ich bitte euch, wenn ihr das hier lest, mit mir dafür einzustehen, dass das endlich aufhört! Lasst uns ein solidarisches Gesundheitssystem schaffen! Wer denkt, dass es ihn ja nichts angeht, der sollte eins bedenken: Eine Behinderung oder ein psychisches Problem kann jeden treffen! Ein vernünfiger Weg an Hilfen zu kommen, ist somit für jeden von uns von Interesse.

Könnt ihr alle mal aufhören, mich zu stressen?

Eine Frage, die sich vermutlich jeder mit Depression und so ziemlich jeder Autist oder jede Autistin schon mal gestellt hat. Der Titel ist absichtlich so provokant gewählt, denn ich finde, dass darauf endlich einmal aufmerksam gemacht werden muss.

Viele von euch werden sich jetzt vermutlich fragen, worauf. Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass man Menschen, die dringend Hilfe brauchen, nicht noch weiter in den Stress hineinzieht, etwa durch gefühlt Millionen Anträge von Ämtern oder durch 20 Arzttermine pro Woche. Das deutsche Hilfesystem, verdient das “Hilfe” im Namen nicht (aber dazu später mehr), es verdient ihn nicht einmal annähernd.

Ja, was ich hier schreibe, ähnelt einem Hilfeschrei und ich weiß, dass ich im Moment reichlich viele davon ablasse. (an dieser Stelle mal einen Dank an meine lieben Follower, die mir so gut zuhören und versuchen zu helfen) Aber ich weiß, dass ich damit nicht allein bin. Man kann Menschen, die am Ende ihrer Kräfte sind nach jahrelanger Überlastung nicht einfach mal in Ruhe lassen, nein: Dann muss man sich gefühlt jede Woche neu krankschreiben lassen, obwohl man irgendwann nicht mehr weiß, was man dem Arzt eigentlich sagen soll, man muss zu irgendwelchen Ämtern rennen und versuchen, sich Hilfe zu holen oder zurückzuerkämpfen, man muss im besten Fall noch irgendwelche Gutachten erstellen lassen usw. Die Liste ließe sich endlos fortführen.

Dieses System kennt kein: “Ich kann nicht mehr” oder ein: “Ruh dich erstmal aus”. Das Einzige, was in diesem System interessiert, ist, wann du endlich wieder arbeitsfähig bist und wieder für die großen (Konzern)Chefs Kohle scheffeln kannst.

Es interessiert nicht, ob du vielleicht eine Pause brauchst und was nötig wäre, um dich dauerhaft zu stabilisieren. Es interessiert nur, ab wann du wieder gerade so auf den Beinen bist, um arbeiten zu gehen.

Das muss aufhören! Besinnen wir uns einmal wieder auf Solidarität, Menschlichkeit und Verständnis und hören wir auf, solche Dinge, wie sie oben stehen, totzuschweigen!

Offener Brief an alle Eltern

Liebe Eltern,

eine immer wieder entflammende Diskussion auf Twitter brachte mich auf die Idee, diesen Brief an euch zu verfassen, vor allem an jene unter euch, die Sorgen haben im Bezug auf die viel diskutierte Inklusion.
Ich bekomme sie beinahe jeden Tag mit, die Diskussionen um Inklusion oder nicht oder vielleicht nur die Schüler, die besonders gut sind, usw.

Die Argumentation ist häufig, dass Kinder mit Behinderungen die “normalen” Kinder beim Lernen stören würden. Was das angeht, gibt es mittlerweile Studien, die dies widerlegen, außerdem: Sollte man sich nicht einmal Gedanken machen, woher der Gedanke, jemand könnte einen Anderen dabei stören, Leistung zu erbringen, überhaupt rührt?

Es ist die Leistungsgesellschaft, die viele von uns so denken lässt. Die Anforderungen und der ständige Wettbewerb, der daraus resultierende Druck, den die Kinder großteils von kleinauf mitgegeben bekommen.

Gibt es nicht sehr viel wichtigere Dinge als Leistung? Als eine bestimmte Zahl auf dem Zeugnis? Toleranz und Akzeptanz für die Vielfalt, die unsere Gesellschaft mitbringt zum Beispiel? Was wäre da wirkungsvoller als gelebte Inklusion? Es gäbe nichts besseres, um Berührungsängste abzubauen und um ein solidarisches und verständnisvolles Miteinander zu schaffen. Vielfalt ist eine Bereicherung für jeden von uns!

Aber es gibt noch mehr Dinge, die mir auf dem Herzen liegen: Haben nicht alle Kinder/Jugendlichen und Erwachsene dieselben Rechte? Das Recht der Teilhabe? Das Recht, mitten in der Gesellschaft zu sein und nicht ausgeschlossen zu werden?
Hat nicht jedes Kind dasselbe Recht auf Bildung?

Indem Parallelgesellschaften weiterhin gefordert und gefördert werden, werden die Bildungschancen von unglaublich vielen Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen enorm geschmälert. Sie haben oft nicht dieselben Möglichkeiten wie andere Kinder, müssen sich häufig mit Vorurteilen, die es gerade bzgl. solcher Parallelgesellschaften zuhauf gibt, abquälen und kommen so sehr viel schwerer an beispielsweise Ausbildungs und Praktikumsplätze. Wo bleibt da die Chancengleichheit? Wünschen sich nicht alle Eltern, dass das Kind möglichst gut durchs Leben kommt? Daher möchte ich euch Eltern einmal vollkommen wertfrei die Frage stellen, wie es für euch wäre, wenn ihr wüsstet, dass euer Kind von vorneherein benachteiligt wird, wenn es um so elementare Dinge wie Bildung geht.

Ich möchte euch noch eine Sache mit auf dem Weg geben, die für mich sehr wichtig ist. Allzu oft lese ich davon, dass Inklusion gescheitert und vor die Wand gefahren worden sei, ich möchte dazu noch ein paar Gedanken mit euch teilen:
Inklusion selbst ist nicht gescheitert. Es gab sie noch nicht und in ganz seltenen Fällen, findet man vielleicht 1-2 Beispiele, die annährend in die Richtung gehen. Inklusion ist ein Lebensmodell und bezieht sich nicht ausschließlich auf Schule und Arbeitsplatz, sondern auf uns als gesamte Gesellschaft.

Die Politik fährt Inklusion im Moment absichtlich gegen die Wand, zumindest sehe ich das so und ich bin mir sicher, dass viele, die sich damit schon länger intensiv beschäftigen, meine Meinung teilen. Inklusion ist ein willkommener Sündenbock für die reichlichen Kürzungen im Bildungsbereich, die es über Jahre hinweg gab. Inklusion ist ein sehr kontroverses Thema und eignet sich daher gut, um über die wahren Probleme und die wahren Schuldigen hinwegzutäuschen.

Nicht Inklusion ist das Problem. Es ist das marode Schulsystem insgesamt, es sind die fehlenden gut Ausgebildeten Fachkräfte, es sind die veralteten (Lern)Methoden und die viel zu großen Klassen.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich von euch. Ich möchte euch bitten, diesen Text zu verbreiten und vielleicht einmal zu versuchen, Inklusion zu leben. Es ist nicht schwer und kommt jedem Einzelnen zugute, auch euch.

Was nicht in 140 Zeichen passt…

 

Dieses Bild brachte mich dazu diesen Text zu schreiben. Es gibt Dinge, die ich abseits der 140 Zeichen Grenze einfach mal in aller Deutlichkeit niederschreiben wollte und musste:
 

Ich musste schon oft lesen, dass viele das Leben verlernt hätten. Sie haben es verlernt einfach Spaß zu haben, nichts zu tun oder einfach mal nur das zu tun, was sie selbst wollen. Und ja: tatsächliches Leben ist in dieser Gesellschaft nicht erwünscht. Man dient als Arbeitskraft für die, die ohnehin genug haben, rackert sich selbst ab und macht sich für irgendwelche gierigen Konzernchefs kaputt.
Es ist mir unbegreiflich, wie Menschen bei dem unsäglichen Leid, welches verursacht wird, um einem Prozent der Menschheit mehr und mehr wortwörtlich in den Rachen zu schieben, einfach zusehen können.

Immer und immer wieder flammt diese Diskussion über diese Gesellschaft gerade dann auf, wenn es um vermehrt auftretende Burnout-Fälle in immer jüngeren Jahren geht oder wenn es wieder einmal darum geht, wie früh man Kinder in Kitas geben können soll. Wir geben unseren Kindern diesen Dreck, der sich Leistungsgesellschaft nennt mit auf den Weg und wundern uns, über so manche Art des Umgangs, die auf Schulhöfen vorherrscht. Warum herrscht dieser Ton wohl vor? Von Beginn an wird uns eingeimpft, dass wir in Konkurrenz stehen, statt solidarisch miteinander zu leben. Wer nichts leistet, ist nichts wert. Das, was diese Gesellschaft Kindern vermittelt, ist letztlich das, was wir dort sehen.
Wir wundern uns, dass bereits Grundschulkinder Bauchschmerzen bekommen, als psychosomatische Reaktion auf all diesen Scheißdreck, den diese Gesellschaft einem abverlangen will und das am besten immer früher.

Ja, am besten kannst du nach nur einem Monat laufen. Kindheit? Das ist was für Weicheier! So was braucht doch niemand! Natürlich werden jetzt viele, vielleicht sogar alle, die das lesen denken: „Natürlich braucht man eine Kindheit, es ist super wichtig Kind zu sein!“, aber dann mal bitte Hand aufs Herz: Wie viel Kindheit bleibt Kindern in der heutigen Zeit denn noch? Die Kinder sollen möglichst früh in die Kindertagesstätte, damit die Mutter auch ja schnell wieder berufstätig werden kann, vollkommen gleich ob das Kind schon bereit dafür ist und ob es nicht vielleicht auch zumindest ein Elternteil als erreichbare Bezugsperson braucht.

Schule und Kindheit? Unvereinbar mittlerweile. Wenn ich mir ansehe, was schon Grundschulkinder teilweise leisten sollen und nebenher noch an Hausaufgaben mal eben so hinbekommen sollen, wird mir im wahrsten Sinne des Wortes schlecht!
Stundenlanges Lernen oder an den Hausaufgaben sitzen ist schon lange keine Seltenheit mehr. Spielzeit in jeglicher Form gibt es kaum bis stark verkürzt.

Dazu kommt die Erziehung. Damit meine ich die Erziehung der Schule. Sie erzieht nicht zur Mündigkeit. Schule ist auch nicht demokratisch. Schule ist autoritär mit klaren Hierarchien und soll die Kinder zu braven Ja-Sagern erziehen, nichts weiter. Die Lerninhalte sind klar definiert, Mitbestimmungsrecht? Fehlanzeige! Denn die Lerninhalte sind auf die Wirtschaft abgestimmt und die, sowie die dort sitzenden Obrigkeiten können keine Menschen gebrauchen, die alles hinterfragen, denn täten sie das, dann kämen sie ja schnell dahinter, dass hier viel nicht mit rechten Dingen zugeht. Sie brauchen auch keine Menschen, sondern im Idealfall Maschinen, die ununterbrochen laufen können.

Alles in allem muss man nur mit offenen Augen durch die Welt gehen und man sieht an jeder Ecke, was in dieser Gesellschaft alles falsch läuft. Menschen, die betteln müssen, weil das Geld nicht reicht, Renter*innen, die Pfandflaschen sammeln müssen, um zu überleben, sexistische Werbung im Fernsehen/auf Plakaten, einfach weil es sich besser verkauft, Umweltverschmutzung an jeder Ecke, „recycelt“ wird lieber in Afrika, statt in Deutschland, wo es die Mittel gäbe um zum einen sehr viel mehr wiederverwendbar zu machen und zum anderen das Ganze ohne bleibende Umweltschäden ginge, weil es denen, die das Geld haben zu teuer ist und sie ihren Profit lieber in das 100. neue Auto stecken wollen. Das nur, um mal einige Beispiele zu nennen.

Wie lange wollen und können wir über alldas noch hinwegsehen? Wann wird endlich etwas dagegen unternommen? Wann unternimmt die Gesellschaft etwas? Muss sie dafür wirklich erst komplett zusammenbrechen, damit es die Letzten endlich begreifen?

Merkt ihrs nicht?? Ein kleiner Rant

Ich habe wirklich das Gefühl, ich müsste hier einige vielleicht mal wachrütteln oder es zumindest versuchen. Denn ich habe das Gefühl, dass einige es wirklich nicht merken.

Sie merken nicht, wie sich diese Gesellschaft und auch wie sie sich selbst zugrunde richten. Ich deutete gestern ja kurz an, dass wer immer den zuletzt beschriebenen Tagesablauf als normal betitelt, sich ernsthaft Gedanken machen sollte, darüber, in welche Richtung diese Gesellschaft gerade geht.

Es ist also normal, dass Kinder 10 Stunden täglich unter Stress stehen? Es ist also normal, dass mittlerweile Grundschulkinder in Kliniken wegen Burnouts eingeliefert werden? Es ist also normal, dass Kur und Rehaanträge, aber auch Selbstmordraten stetig steigen?

Mitnichten! Nichts von dem beschriebenen ist ein gesunder Normalzustand! Ich vermute, dass da bei so manchem der Generationenkonflikt hochkommt, aber wer sich mal ein paar Minuten Zeit nimmt, der wird verstehen, worauf ich hinaus will. Es ist in den letzten Jahren so einiges schlimmer geworden und ich behaupte, dass dieser Zustand mittlerweile einen Höhepunkt erreicht hat, den nicht nur ich mit großer Sorge betrachte:

  • Das soziale Netz wird ausgedünnt
  • Druck in Schule und Arbeit stetig erhöht
  • Wettbewerbsdruck durch Globalisierung schlägt sich immer mehr nieder, auch im Bezug auf Löhne, Arbeitsbedingungen usw.
  • Arm wird gegen arm ausgespielt

Und jetzt wollt ihr mir sagen, dass das normal ist? Dass all das bisher aufgeführte überhaupt nichts außergewöhnliches ist?

Wenn ihr mir das sagen wollt und wirklich ernsthaft daran glaubt und festhaltet, werdet ihr euch vermutlich auch dann wundern, wenn das passiert, was passieren muss, nämlich dass die Strukturen der Gesellschaft irgendwann wie ein Kartenhaus zusammenfallen! Für mich gibt es, bei dem was hier derzeit schon von Kindesbeinen an verlangt wird, keinen Grund, mich darüber zu wundern! Es ist ein Szenario, auf das wir zusteuern und ich rate euch, die ihr das wirklich als normal verkaufen wollt, dass ihr einmal ernsthaft logisch darüber nachdenkt!